dijous, 21 de juliol del 2016

La muerte de la Democracia en Turquía


SPIEGEL ONLINE.- Nach jeder neuen Unmöglichkeit sagte man sich: Das wird Erdogan ganz gewiss nicht machen, das wird er sich nicht trauen, noch weiter wird er nicht gehen! Doch die türkische Regierung hat bewiesen, dass es immer noch schlimmer kommt, als man denkt: die immer weitere Einschränkung von Alkoholkonsum; das Verbot von rotem Lippenstift für Stewardessen von Turkish Airlines; die räumliche Trennung von Studentinnen und Studenten in Wohnheimen; das Sperren von Nachrichtenseiten; das Verbot der Gay Pride in Istanbul; der Austausch ganzer Redaktionen; das Absetzen von Richtern, Staatsanwälten und Polizeibeamten, die Korruptionsvorwürfen gegen Regierungsmitglieder nachgehen; die Anzeigen gegen einfache Leute, die etwas Lustiges über den Präsidenten gepostet haben und sich nun wegen Beleidigung vor Gericht verantworten müssen; das bewusste Anzetteln eines Bürgerkriegs im Südosten des Landes, um sich selbst als starke, schützende Macht zu inszenieren; jetzt die Entlassung und Gängelung von Tausenden von Menschen, die in irgendeiner Form als Kritiker definiert wurden.

Die Aneinanderreihung von Tiefpunkten ist so durchschaubar, so billig, so traurig: Erdogan will die Macht, und zwar ohne Widerspruch, ohne Diskurs, ohne Kompromisse. Er glaubt, weil er mit knapp 52 Prozent zum Präsidenten gewählt wurde, habe er nun die hundertprozentige Macht und müsse auf niemanden mehr Rücksicht nehmen. Dass Demokratie sich nicht auf das Abhalten von Wahlen beschränkt, sondern auch eine Vielzahl von Prinzipien wie Gewaltenteilung, Presse- und Meinungsfreiheit, Unabhängigkeit der Justiz und vieles mehr beinhaltet, hat Erdogan nie verinnerlicht.

Erdogan giert nach kultischer Verehrung. Er will, dass die Menschen ihn feiern, ihm zujubeln, ihm zu Füßen liegen. Das versteht er unter Respekt. Wenn seine Fans ihm zurufen: "Ein Wort von dir, und wir töten! Ein Wort von dir, und wir sterben!" oder sogar, wie neulich in Istanbul, in aller Öffentlichkeit schreien: "Ich bin nur das Haar an deinem Hintern!", dann ermahnt Erdogan sie nicht, zur Besinnung zu kommen, nein, er lächelt ihnen väterlich zu, fühlt sich geschmeichelt und lobt sie ob ihrer Loyalität. Eine solche Gesellschaft hat nicht nur ein politisches Problem, sondern auch ein psychologisches.

In der Türkei herrscht ein Klima der Angst. Niemand traut sich, Erdogan zu kritisieren. Viele denken darüber nach, das Land zu verlassen. Deutsche Freunde, die in Istanbul leben und derzeit Urlaub in Deutschland machen, haben ihre Rückreise auf unbestimmte Zeit verschoben. Türkische Freunde fragen nach Jobperspektiven im Ausland und wie man an ein Visum und eine Arbeitserlaubnis kommt. Hotels, Restaurants, Läden sind leer. Wer reist jetzt noch in die Türkei? Die Macht des einen kostet so viele die wirtschaftliche Existenz.

Das türkische Volk war mehrheitlich gegen den Militärputsch. Es hat demokratisches Verständnis bewiesen. Aber nun haben Erdogan und die Islamisten diese Entwicklung für sich besetzt. "Allahu akbar"-Rufe sind der allgegenwärtige Schlachtruf, die Muezzins liefern die Begleitmusik. Der politische Islam ist in der Türkei dabei, den von Atatürk durchgesetzten Laizismus vom Sockel zu stoßen. Vor unseren Augen stirbt dort die Demokratie. Oder was davon noch übrig war. Die Welt schaut zu. Und ich bin traurig, glücklich sein zu müssen, dass ich nicht in der Türkei lebe.











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